Marketing Digitalisierung: Wie eine klassische Bankmarke Schritt hält, um relevant zu bleiben.

Marketing Digitalisierung: Wie eine klassische Bankmarke Schritt hält, um relevant zu bleiben.

Leonard Sommer sprach im Rahmen seines Podcast-Engagements für die Berlin School Of Creative Leadership mit Uwe Hellmann, Managing Director/Leiter Brand Management der Commerzbank, über seine ständig wechselnden Aufgaben bei der Marketing Digitalisierung und Führung einer klassischen Bankmarke. Hellmann zeigt auf, mit welchen Maßnahmen die Commerzbank nicht nur im traditionellen Bankgeschäft, sondern auch im aufstrebenden Wettbewerb innerhalb des Fintech-Ökosystems relevant bleibt – wie z.B. schnell und agil zu sein.

Herr Hellmann, welches sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen, denen sich die Banken in den nächsten zwei Jahren stellen müssen?

Uwe Hellmann:
Auf jeden Fall die sich wandelnden Kundenbedürfnisse von traditionellen Dienstleistungen zu digitalen Bankangeboten. Das ist aus meiner Sicht die größte Herausforderung, die wir bei der Commerzbank haben. Dahinter verbergen sich drei Challenges: Erstens muss die für den Kunden relevante digitale Infrastruktur stehen. Zweitens muss unsere inzwischen 150 Jahre alte Marke als hochmoderne Bankmarke wahrgenommen werden – off- als auch online. Drittens stehen wir heute mit vielen neuen Akteuren im Wettbewerb – sowohl in Deutschland, als auch international. Vor diesem Hintergrund müssen wir vor allem auch schneller sein als früher.

Leonard Sommer:
Vor kurzem hat die Commerzbank bekanntgegeben, dass sie den Wandel zu einem Technologieunternehmen vollzieht. Warum hat Ihr Führungsteam beschlossen, dass es an der Zeit ist, diesen Weg zu gehen und sich vom Ansatz des „traditionellen Bankinstituts“ zu entfernen?

Uwe Hellmann:
Das hat vor allem damit zu tun, dass die Veränderungen in der Bankenwelt so schnell vor sich gehen. Aus diesem Grund hatten wir nur zwei Möglichkeiten: wie die Dinosaurier auszusterben und vom Markt zu verschwinden oder extrem schnell voran zu kommen. Meine Reisen ins Silicon Valley haben mich diesbezüglich inspiriert. Dort planen die meisten Unternehmen sieben Jahre im Voraus. Wenn Sie mit derart vorausschauenden und schnell agierenden Unternehmen konkurrieren wollen, dann müssen sie Ihre Arbeitsweise anpassen. Wie gesagt: Entweder wir bleiben Dinosaurier oder wir arbeiten schnell und tätigen die relevanten Investitionen. Die Commerzbank hat sich für Letzteres entschieden.

Wie schafft es die Commerzbank im Zeichen der fortschreitenden Marketing Digitalisierung, die Agilität der internen Teams an das neue Tempo anzupassen?

Uwe Hellmann:
In meiner Funktion muss ich tagtäglich sicherstellen, dass alle Mitarbeiter die Skills und Agilität haben, um mit dieser sich schnell verändernden digitalen Umgebung, in der wir heute arbeiten, umgehen zu können. Zu diesem Zweck haben wir ein 24-monatiges internes Ausbildungsprogramm für das gesamte Team aufgesetzt, um die erforderlichen Hard- und Soft Skills zu verbessern. Seitdem fragen wir uns täglich im Team, was wir tun können, um noch schneller noch besser zu werden. Eine der schwierigsten Herausforderungen besteht definitiv darin, die globalen Teams regelmäßig an einen Tisch zu bringen, damit unsere Leute den gleichen Wissenstand und die gleichen Fähigkeiten haben, um die neuesten und effizientesten Werkzeuge wirklich nutzen zu können – und gemeinsam nutzen wollen.

Leonard Sommer:
Wie wurde dieses Upskill-Programm bei den externen Partnern wie z.B. Agenturen umgesetzt?


Uwe Hellmann:
Prinzipiell ist das recht einfach. Wir pflegen viel mehr Austausch als früher. Unsere Partner, wie Kreativ- und Medienagenturen, werden mit dem Corporate Brand Team regelmäßiger und in kürzeren Intervallen zusammengebracht. Bei diesen Treffen gehen wir die kurz und-mittelfristigen Pläne durch und besprechen, wie wir die anstehenden Probleme gemeinsam angehen.

Traditionell werden Banken immer noch mit hohen Gebäuden und langer Wartezeit in Verbindung gebracht. Wie konkurriert die Commerzbank mit FinTechs die immer mehr Marktanteile gewinnen?

Uwe Hellmann:
Vor der Finanzkrise im Jahr 2008, als traditionelle Banken noch hohes Ansehen genossen, fragten sich viele Kunden, ob sie gut genug für die Bank waren. Der Markt hat diese Frage auf den Kopf gestellt, und immer mehr Leute fragen sich zu Recht, ob die Bank gut genug für sie ist. Mehrere klassische Bankinstitute haben Probleme, diesen psychologischen Mentalitätswandel zu akzeptieren und kämpfen darum, Schritt zu halten. Ich kann nur sagen, dass wir bei der Commerzbank diesen Wandel verstanden haben und unsere Prinzipien und Arbeitsweise geändert haben, um kundenzentrierter zu sein. Die Hauptfrage, auf die wir uns täglich konzentrieren ist, wie wir unsere Kunden zufrieden stellen.Außerdem nehmen wir die Fintechs sehr ernst. Genau aus diesem Grund haben wir unser Tempo drastisch erhöht und die Art und Weise verändert, wie wir in unserer Kommunikation und mit unserem Produktangebot auf unsere Kunden zugehen. Ein Beispiel: N26 hat hier in Deutschland ein eher begrenztes Produktangebot, leistet aber wirklich gute Arbeit bei der Vermarktung insbesondere bei der jüngeren Bevölkerung. Definitiv eine der Marken, die ich als einer der drei größten Wettbewerber für uns auf dem deutschen Markt sehe. Hut ab.

Leonard Sommer:
Was bietet die Commerzbank ihren Kunden im Hinblick auf die Marketing Digitalisierung durch ihre Produkte, Dienstleistungen und Funktionen? Was können wir für die Zukunft erwarten?

Uwe Hellmann:
Im Moment haben wir für Privatkunden unser Online-Banking und unsere mobile App. Wir erhalten sehr positives Feedback und arbeiten daran, die Angebote so schnell wie möglich weiter zu verbessern. Apple Pay bieten wir seit Dezember an – eine der Services, bei denen wir, um ehrlich zu sein, etwas spät dran waren, aber jetzt von der Commerzbank angeboten wird. Im Bereich des Firmenkundengeschäfts nutzen wir Blockchain-Technologien, um an der Spitze zu bleiben und dem Markt voraus zu sein. Hier müssen wir zudem sicherstellen, dass alle Zahlungssysteme weltweit nahtlos funktionieren – eine ziemlich komplexe Aufgabe, die wir auch erst mit entsprechender Infrastruktur lösen mussten. Viele wissen auch nicht, dass der Großteil der Außenhandelszahlungen über die Commerzbank abgewickelt wird. Auch nicht so ohne.

Leonard Sommer:
Sprechen wir ein wenig über Change Management innerhalb der Marketing Digitalisierung. Was sind die internen Herausforderungen, wenn man in einem Traditions-Unternehmen wie der Commerzbank innovatives Denken einführen will? Wie schafft das Führungsteam Basis für Vertrauen und Innovation im gesamten Unternehmen, nicht nur in der Marketingabteilung?

Uwe Hellmann:
Sie sprechen einen wichtigen Punkt an. Es ist eine Sache, den Mind-Set und das Tempo in meiner Markenabteilung zu erhöhen. Dort ist es einfach, weil wir sehen, dass unsere Kampagnen die Ergebnisse vorantreiben, und wir wollen den Schwung behalten. Schwieriger ist in der Tat die gesamte Organisation dazu zu bringen, an Innovation zu glauben, sie zu erlernen und zu nutzen. Hierfür haben wir intern Umstrukturiert. Wir setzen jetzt IT-Experten in jeder einzelnen Abteilung ein – nicht nur in einem zentralen Silo. So lernen projektorientierte Menschen gemeinsam mit Programmierern und beide haben ein gemeinsames Ziel: die Produktinnovation gemeinsam voranzutreiben.

Leonard Sommer:
Für das Jahr 2020 beansprucht die Commerzbank den Titel „Bank der Zukunft“. Was sind Ihre Erfolgsprognosen?

Uwe Hellmann:
Es ist der einzige Weg, den wir gehen können. Es gibt keine Alternative, zur „Zukunftsbank“. Wenn Sie mich fragen, wo ich die Bank in drei bis fünf Jahren sehe, dann ist die Commerzbank eine der „cleveren“ Bankenmarken auf dem deutschen Markt. Das ist mein persönliches Ziel, und ich denke, das können wir erreichen.

Welche Rolle werden Ihrer Meinung nach die Banken im Jahr 2030 spielen?

Uwe Hellmann:
Gute Frage. Ich denke, es wird eine Reihe von Banken geben, insbesondere im Unternehmenssektor, die den heutigen Banken ähneln. Im Privatkundengeschäft gehe ich davon aus, dass wir dramatischen Veränderungen entgegen sehen – dass verschiedene Marken und aber auch Einzelhändler wie Amazon, interessante Finanz-Angebote anbieten. Es ist so, wie wir es vor 15-18 Jahren in der Automobil-Branche gesehen haben, als hier eigene Banken gegründet wurden. Die Hersteller gingen so vor, um die Finanzierung ihrer Autos einfacher zu machen. Überraschenderweise waren sie aber nicht so erfolgreich, wie ich persönlich es erwartet hatte. Ähnliche Entwicklungen haben wir in der Vergangenheit auch bei den Versicherungsgesellschaften gesehen, die versucht haben, Finanzdienstleistungen anzubieten -und es hat auch hier nicht wirklich geklappt. Ich denke, dass eine Reihe von Banken heute sehen muss, wie sie die Kundenprobleme innovativ lösen können, die eng mit Finanzdienstleistungen verbunden sind, und daraus Dienstleistungen ableiten. Technologie-Unternehmen wie Apple sind erfolgreich in den Zahlungsverkehr eingestiegen. Und ich denke, dass auch eine Bank, wenn sie einfache und relevante Produkte anbieten kann, gute Chancen hat, auch im Jahr 2030 zu existieren.


Leonard Sommer:
Vielen Dank, Herr Hellmann, für die spannenden Insights rund um das Thema Marketing Digitalisierung.